Über vegane Mode & Fair Fashion

Dezember 10, 2017

Vegane Mode – zwei Wörter, die für mich jahrelang nie so richtig in einen Satz passten. Nicht etwa weil tierische Stoffe in Kleidung für mich unabdingbar wären, sondern weil ich damit automatisch langweilige Jutebeutel und Ökoteile assoziiere. Ja ich habe Vorurteile – machen wir uns nichts vor. Ich kann mich sehr gut selbst reflektieren und mir das eingestehen. Aber die Realität holt mich schnell ein, denn neben Pelz, Leder und Wolle gibt es noch viele weitere Stoffe in der Fashion-Industrie für die Tiere ausgebeutet und letztendlich getötet werden. Während ich schon im Kindesalter vollkommenes Unverständnis für Echtpelz hegte, so habe ich mir über viele andere Materialien keine großen Gedanken gemacht. Im Falle von Leder habe ich damit sogar Qualität und Hochwertigkeit verbunden. Aber reicht es beim Kleiderkauf aus, bloß die bekannten tierischen Materialien wegzulassen? Und welche Prozeduren verstecken sich hinter den Kleidungsstücken, die in meinem Schrank hängen?

Das steckt hinter veganer Kleidung

Vegane Kleidung darf nicht mit tierischen Materialien oder Erzeugnissen verarbeitet werden. Neben den offensichtlichen tierischen Textilien gilt das auch für Färbe- und Klebemittel. Oft fällt im Zusammenhang mit veganer Kleidung auch die Bezeichnung Fair Fashion bzw. Ethical Fashion. Wie der Name schon vermuten lässt bedeutet Fair Fashion das die Kleidungsstücke unter fairen und ökologisch unbedenklichen Produktionsbedingungen hergestellt wurden. Kurzum: unter humanen Bedingungen und umweltschonend. Vegane Kleidung und Fair Fashion geht allerdings nicht automatisch Hand in Hand. Mittlerweile ist den meisten von uns wohl bewusst, dass die Kleidungsstücke der gängigen Fast-Fashion-Ketten wie H&M, Zara und Co. von Menschen genäht werden, die für einen Hungerlohn und unter lebensbedrohlichen Bedingungen arbeiten müssen, und dass die meisten verwendeten Stoffe nicht gerade langlebig sind. Trotzdem tut sich in der Richtung nicht wirklich viel. Vielleicht weil es vielen Leuten so geht wie mir, und sich der Gedanke eingebrannt hat, alle anderen Labels sind viel zu teuer und bloß zu bestimmten Anlässen eine Investition wert.

Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit werden wieder viele Textilien mithilfe von tierischen Erzeugnissen verarbeitet. Vor allem Angora, Kaschmir und Pelz halten warm und sind besonders weich. Aber was passiert mit den Tieren überhaupt während der Produktionsprozesse? Wird ihnen einfach bloß das Fell geschoren oder müssen sie tatsächlich leiden?

Pelz
Vor allem in den Wintermonaten ist Pelz immer wieder ein riesiges Thema. Kleidungsstücke aus Echtpelz werden in der Regel von Tieren gewonnen, die sehr dichtes Fell haben, wie z.B. von Nerzen, Füchsen, Katzen oder Hunden. Auf Pelzfarmen werden die Tiere unter grausamsten Bedingungen gehalten und haben keine Chance auf ein artgerechtes Leben. Das Töten der Tiere passiert in der Regel durch Vergasung oder Elektroschocks. Überzeugte Veganer warnen sogar davor Kunstpelz zu tragen, da es den Trend und somit die steigende Nachfrage nach Pelz noch befeuert.

Leder
Der Irrglaube: Leder sei nur ein Abfallprodukt. Genau davon bin ich auch bis vor kurzem noch ausgegangen, aber Pustekuchen: Leder ist nichts anderes als Tierhaut, die durch Gerbung haltbar gemacht wird. Viele Rinder werden gezielt für die Lederindustrie getötet, und ich legitimiere das in gewisser Weise durch meinen Kauf auch noch. Was oft untergeht: Viele Patches auf Hosen und Jacken sind aus Echtleder.
Alternativen: z.B. Recyceltes Polyester, Bio-Baumwolle, Kork, Bambus, recycelte PET-Flaschen uvm.

Wolle
Schafe werden in regelmäßigen Abständen liebevoll geschoren, damit die dabei anfallende Wolle für die Modeindustrie zweckentfremdet werden kann – so die Idealvorstellung. In der Realität gleicht die Schur allerdings eher einer Folter. Die sensiblen Schafe werden massivem Stress ausgesetzt und erleiden zum Teil starke Verletzungen. Um einen Fliegenbefall zu verhindern, der durch abgesetzte Kot- und Urinspuren zustande kommen kann, werden den Tieren oft am Hinterteil ganze Hautlappen oder sogar der komplette Schwanz raus geschnitten. Der Schmerz kann ähnlich beschrieben werden wie der bei einer Kastration. Besonders grausam: In nu 60 % der Fällen werden dabei betäubende Sprays eingesetzt. Mehr Informationen zu den grausamen Torturen findest du hier.
Alternativen: z.B. Baumwolle, Bambus, Hanf, Leinen, Lyocell, Viskose etc.

Angora
Bei Angora handelt es sich um das lange, weiche Fell von Angorakaninchen. Bei der Gewinnung sind die Tiere großen Schmerzen und Stress ausgesetzt. In den meisten Fällen kommt Angorawolle aus China, wo Tierschutz kaum eine Rolle spielt. Die Tiere werden dort in winzigen Einzelkäfigen gehalten. Undercover-Ermittler von PETA Asia haben Filmaufnahmen veröffentlicht, bei denen den Tieren gewaltsam das Fell aus ihrer sensiblen Haut gerissen wird, was sie vor Schmerzen winseln lässt.

Kaschmir
Kleidung aus Kaschmir ist nicht gerade preiswert und steht deshalb auch für einen gewissen Luxus in der Modeindustrie. Einer Kaschmirziege können jährlich lediglich nur rund 200 Gramm der Edelwolle entnommen werden. Es handelt sich dabei nämlich um besonders feines Unterhaar, dass den Tieren oft rücksichtslos mit Drahtbürsten aus dem Fell gerissen wird. Durch den Verlust der Unterhaare fehlt den Kaschmirziegen bei kalten Temperaturen das isolierende Fell, weshalb sie nicht selten frühzeitig sterben.

Seide
Die Kokons der Seidenraupen werden von ihnen selbst aus Seidenfasern gewebt. Für die Gewinnung von Seide werden Raupen lebendig in ihrem Kokon gekocht. Für etwa 450 Gramm Seide müssen ca. 3000 Raupen sterben.
Alternativen: Polyester, Nylon, Mikrofaser, Seidenbaumwolle, Kunstseide

Federn:
Federn gelten als Nebenprodukt der Fleischindustrie, denn sie werden vor allem Gänsen und Enten nach der Schlachtung entfernt. Etwa 80 % der Federn werden in China produziert und werden häufig als Füllmaterial für beispielsweise Daunenjacken und -bettwäsche verwendet. Man unterstützt mit dem Kauf also indirekt auch die Fleischindustrie. Außerdem gibt es Fälle, in denen Tieren die Federn am lebendigem Leib entfernt werden, wobei auch Federkeile und Hautfetzen mit ausgerissen werden.

Das Problem bei Kunstfasern

Gerade für Taschen und Schuhe scheint Kunstleder eine gute Alternative zu sein. Bei der Produktion kommt kein Tier zu Schaden, das Material ist einfach in der Pflege und sieht dazu noch äußerst echt aus. Kunstleder-Ware wird oft aus synthetischen Fasern wie Polyester hergestellt. Es gibt allerdings zwei entscheidende Kritikpunkte: es besteht aus Erdöl und ist somit nicht biologisch abbaubar und dazu auch noch kurzlebig, da synthetische Fasern oft nicht hochwertig gefertigt werden und schnell kaputt gehen. Auch für die Gesundheit ist Kunstleder nicht besonders förderlich, denn laut Öko-Test sind darin nicht selten Schadstoffe, Schwermetalle und Weichmacher enthalten. Außerdem wird bei jedem Waschgang Mikroplastik ins Abwasser gespült, das danach ins offene Gewässer getrieben wird. Mikroplastik lässt sich ebenfalls nicht biologisch abbauen und gefährdet somit die Umwelt sowie viele Tierarten.

Ich lerne: beim Thema Kleidung ist es schwer sofort alles richtig machen zu wollen. Entscheidet man sich gegen tierische Stoffe ist das nicht automatisch besser für die Umwelt. Außerdem können sich neben den offensichtlichen tierischen Materialien auch noch in den Verarbeitungsmitteln tierische Stoffe verbergen. Der Klebstoff zum Beispiel, der Schuhe, Jacken und Taschen zusammenhält, enthält nicht selten aus Milch gewonnenes Kasein. Auch Knochenreste und Tierhäute können auf der Inhaltsstoff-Liste stehen. Sogar bei Knöpfen kann es sein, dass sie aus Horn, Perlmutt oder Muscheln verarbeitet sind.

Vegane Kleidung erkennen

Bevor ich meinen eigenen Kleiderschrank unter die Lupe nehmen kann, muss ich erstmal wissen, woran ich die veganen Teile erkennen kann. Anders als in der Lebensmittelbranche gibt es für vegane Kleidungsstücke nur selten Kennzeichnungen oder Labels. Man muss also die Etiketten genau nach ihren verarbeiteten Stoffen studieren und bei Unsicherheiten am Besten den Hersteller kontaktieren. Leider nicht sehr verbreitet aber dafür eindeutig ist der Hinweis “Enthält nichttextile Bestandteile tierischen Ursprungs” – in diesem Fall wird klar gemacht, dass in dem Kleidungsstück tierische Stoffe verarbeitet sind.

Bei Schuhen ist die Sache etwas leichter, denn sie müssen gesetzlich nach § 10a der Bedarfsgegenständeverordnung gekennzeichnet werden. Die Symbole geben Aufschluss  bezüglich Obermaterial, Futter und Sohle. Alle anderen Inhaltsstoffe werden diesen Symbolen allerdings nicht zugeordnet, weshalb der Schuh trotzdem tierische Inhalte aufweisen kann, wie schon weiter oben erwähnt ist hier oft die Zusammensetzung des Klebstoffs nicht erkennbar.

Quelle: EU-Kommission

Der Blick in meinen Kleiderschrank

Ich will also mal einen Blick in meinen eigenen Kleiderschrank werfen. Als erstes greife ich zu meinen Lederschuhen. Hier weiß ich nämlich auf den ersten Blick, dass es sich um echtes Leder handelt, denn ich habe sie erst vor wenigen Monaten gekauft. Ich wollte hochwertige Schuhe besitzen, die länger in einem guten Zustand bleiben als irgendwelche günstigen Plastikschuhe, die nur eine Saison durchhalten. Wegschmeißen oder verkaufen kommt für mich allerdings nicht in Frage, da ich jetzt im Winter keine gute Alternative im Schrank habe und somit stattdessen wieder konsumieren müsste, was auch nicht gut für die Umwelt wäre. Ebenfalls aus Leder ist meine Notebook-Tasche, die ein Geschenk war und einen großen sentimentalen Wert für mich hat.


Als nächstes inspiziere ich meine Winterjacken genauer, denn mir schleicht sich der Verdacht ein, dass sich hier das größte Potential für tierische Stoffe verbirgt. Und man siehe da: mein Wintermantel von Zara enthält Daunenfedern. Der Mantel ist mittlerweile bestimmt sechs Jahre alt und war ebenfalls ein Geschenk. Ich hatte ihn allerdings bisher so selten an, dass er sich noch in einem einwandfreien Zustand befindet.

Die restlichen Kleidungsstücke weisen auf den ersten Blick keine tierischen Inhalte auf. Viele Teile sind aus Polyester, Baumwolle oder Viskose. Allerdings finde ich keine Hinweise auf Klebstoff-Inhalte oder Färbemittel. Die Etiketten geben mir keine genaue Auskunft darüber woher meine Kleidungsstücke nun wirklich kommen, wie und vor allem von wem sie hergestellt wurden und was sich in weiteren Verarbeitungsstoffen befindet. Allerdings bin ich was meine Kleidung betrifft absolut kein Impuls-Käufer. Ich denke vorher lange darüber nach, ob ich etwas wirklich brauche und es zu mir, meinem Stil und meiner restlichen Garderobe passt. Außer zwei Teilen ist alles, was sich auf den Bildern befindet, schon mehrere Jahre alt und immer noch heiß geliebt. Ob das die Sache besser? Ich bin mir noch nicht sicher. 

Was ich daraus mitnehme 

Mein Kleiderschrank besteht soweit ich das erkennen kann überwiegend aus veganer Kleidung. Trotzdem kann ich mir jetzt nicht stolz auf die Schulter klopfen und erwarten, dass mein Soll an dieser Stelle getan ist. Denn beim Thema Kleidung steht mehr im Raum als nur die Tatsache, dass Tiere für manche Materialien unheimlich gequält werden. Hier geht es auch um die Ausbeutung von Menschen, allem voran Kindern, die für Hungerlöhne arbeiten müssen, damit ich meinen Pulli für unter 20 Euro kaufen kann. Hier geht es um Produktionsverfahren, bei der Nachhaltigkeit an keiner Stelle berücksichtigt wird. Die schlecht für unsere Umwelt und teilweise sogar unsere Gesundheit sind. Letztendlich haben wir als Käufer die Macht, denn wenn Kleidung aus Pelz, Leder, Wolle und Co. keine Nachfrage hätten, so würde man sie auch nicht mehr produzieren. 

Ich will zukünftig definitiv keine offensichtlichen tierischen Textilien mehr kaufen. Mich etwas mehr mit Fair Fashion beschäftigen und durch ethische Online-Shops stöbern. Mein Stil ist generell eher minimalistisch, weshalb ich mir gut vorstellen kann, öfter in gute Basic-Pieces zu investieren, anstatt Massenware zu unterstützen. Auch Second-Hand wäre eine Alternative, wenn ich außergewöhnliche Teile finde, für die ich nicht nochmal eine neue Produktion anregen möchte.

Empfehlenswerte Dokumentation:

Quellen:
https://utopia.de/ratgeber/vegane-kleidung-mode/
https://vebu.de/leben-lifestyle/vegane-mode/
https://www.doppelherz.de/vegan-special/vegan-leben/kleidung/
https://vebu.de/leben-lifestyle/vegane-mode/pelz/
http://www.it-recht-kanzlei.de/materialkennzeichnung-schuhe-online-handel.html
McGregor, B. (2001): Avoiding weather induced deaths of goats. Goat notes B19: Avoiding weather induced deaths of goats, pp. 76-77
http://www.elle.de/faire-mode
http://bonsum.de/magazin/alles-ueber-kleidung
https://www.cashmere-house.de/de/info/Cashmere-Information.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Schuhmaterialkennzeichnung.jpg





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